Rolf Lederbogen. Atombilder in Grafik und Architektur im Wandel der Gesellschaft

Sequenzielle Darstellung des Kernspaltungsprozesses. Copyrights: Werkarchiv Rolf Lederbogen, saai/KIT.

Der Philosoph Ernst Bloch betrachtete in seiner in den 1940er Jahren veröffentlichten Utopie „Das Prinzip Hoffnung“ die Atomenergie als Lösung jeglicher zivilisatorischer Zukunftssorgen. Doch der optimistische Blick auf die neuen technischen Möglichkeiten entpuppten sich als Januskopf: Einerseits symbolisierte die Atomkraft den alten Traum der Menschheit, ihre Abhängigkeit von der Natur endgültig zu überwinden. Andererseits entkam die Welt während des Wettrüstens im Kalten Kriege nur knapp den apokalyptischen Folgen eines globalen Atomkriegs.

Inmitten dieser Atmosphäre zwischen Angst und Aufbruch setzte man in der Karlsruher Architekturausbildung auf Kontinuität. Neben Egon Eiermann, einem der wichtigsten Protagonisten der deutschen Nachkriegsmoderne, führte der Grafiker und Architekt Rolf Lederbogen die Ideale der Moderne in der Lehre fort. An das methodische Erbe des Bauhauses anknüpfend bewegte sich Lederbogen sowohl in seinem Werk als auch in der eng damit verwobenen Grundlagenlehre im interdisziplinären Feld von Kunst, Wissenschaft und Technik. Er gestaltete Ausstellungen, Broschüren und Signets zur friedlichen Nutzung der Atomenergie. Was auf der einen Seite der Aufklärung dienen sollte, bedeutete auf der anderen Seite eine Ästhetisierung einer der gefährlichsten Technologien. Doch welchen Einfluss hatte die Atomlobby auf Kunst, Design und Architektur? Inwieweit spiegelte sich das technische Fortschrittsdenken in der Karlsruher Architekturfakultät — methodisch, konzeptionell, konstruktiv, ästhetisch? Und wie ausgeprägt war das utopische Denken in der Lehre?

Als Student an der Werkakademie Kassel wurde Rolf Lederbogen (1928–2013) von Heinrich Lauterbach, Hans Leistikow, Hermann Mattern und Ernst Röttgen unweigerlich mit den Traditionen des Bauhauses konfrontiert. Er lebte sowohl als freischaffender Grafiker wie auch als Hochschullehrer am Lehrstuhl „Grundlagen der Architektur“ der TH Karlsruhe die Idee des disziplinübergreifenden und universalistischen Konzeptes und verkörperte in seiner Person das Ideal der Synthese aus künstlerischen und handwerklichen Praktiken. In den 1950er Jahren war er an den Planungen zur EXPO 58 in Brüssel in der Abteilung Städtebau des deutschen Pavillons beteiligt und als Kind seiner Zeit geprägt vom Technikfortschritt und Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegszeit. Unter diesen Vorzeichen entwickelte er ab 1964 bis 1974 in freiberuflicher Tätigkeit die Corporate Identity für kerntechnische Gesellschaften wie den Lobbyverband „Deutsches Atomforum Bonn“ und gestaltete Druckschriften beziehungsweise konzipierte Ausstellungen zum Thema „friedliche Nutzung von Kernenergie“.

Das Forschungsseminar ist eine Kooperation des Fachgebiets Architekturtheorie und des saai. Ausgehend von Material aus dem Werkarchiv von Rolf Lederbogen, stehen zeitgenössische und historische Theorien, Bilder und Fragestellungen zur Kulturgeschichte der Atomenergie in Architektur, Kunst, Wissenschaft und Technologie im Vordergrund.

Prof. Dr. Georg Vrachliotis
Dipl.-Ing. Manuela Gantner